Mit technischen Verbesserungen bei den Ticket-Apps, gezielter Kundeninformation und einem intensivierten Austausch zwischen den Transportunternehmen sollen Verbesserungen beim Kauf und bei der Kontrolle von elektronischen Tickets im öffentlichen Verkehr erzielt werden. Die Alliance SwissPass und das Bundesamt für Verkehr (BAV) haben hierfür ein Massnahmenpaket erarbeitet. Weiterhin gilt: Vor der Abfahrt des Verkehrsmittels müssen Kundinnen und Kunden ein gültiges Billett besitzen.
Heute ist es möglich, Billette nicht nur vorgängig am Schalter oder am Billettautomaten zu lösen, sondern jederzeit und in Sekundenschnelle mit dem Smartphone zu beziehen. Für die Reisenden hat diese Option weiter an Bedeutung gewonnen: 2023 wurden rund 68 Prozent aller Fahrausweise des öffentlichen Verkehrs (öV) via mobile und digitale Kanäle gekauft. Entsprechend haben die Fälle zugenommen, in denen Fahrgäste ihr Billett gelegentlich erst nach der Abfahrt des Verkehrsmittels kaufen und damit über kein gültiges Billett verfügen.
Die Alliance SwissPass und das BAV haben in den vergangenen Monaten in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe Überlegungen zu den Regelungen des Billettkaufs im Allgemeinen und zu mobilen und digitalen Verkaufskanälen im Besonderen gemacht. Dabei wurden sowohl die Kundensicht und die praktische Umsetzbarkeit als auch die juristischen Aspekte betrachtet.
Der öV Schweiz verzeichnet eine Zunahme an Reisenden. (2022 wurden pro Tag durchschnittlich *sechs Millionen Personen befördert.) Gestiegen ist im letzten Jahr auch die Zahl der Reisenden, die bei einer Kontrolle keinen oder nur einen teilweise gültigen Fahrausweis vorweisen konnten (registrierte Fälle 2022: 821'284; 2023: 918'643). Dabei zeigt sich, dass eine signifikante Anzahl an Personen den öV wiederholt ohne gültigen Fahrausweis benutzt: So waren Ende 2023 46 Prozent der erfassten Personen mindestens drei Mal innerhalb von 24 Monaten bei Kontrollen erfasst worden. Durch die nicht bezahlten Fahrausweise entstehen dem öV geschätzte Einnahmenausfälle in der Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags (2023 rund 200 Mio. Franken). Dies ist in zweifacher Hinsicht stossend: Einerseits ist es unfair gegenüber den Fahrgästen, welche die Fahrausweise bezahlen; andererseits müssen die fehlenden Einnahmen letztlich durch die Gemeinden, Städte, Kantone und den Bund – und damit durch alle Steuerzahlenden – getragen werden.
Die Alliance SwissPass und das BAV bestätigen nach vertieften Abklärungen die geltende tarifarische Regelung, wonach der Billettkauf vor der tatsächlichen Abfahrt eines Verkehrsmittels vollständig abgeschlossen sein muss. Dies, weil es – aufgrund der gesetzlichen Vorgabe «eine Reise, ein Ticket» – für die Reisenden eine schweizweit einheitliche, einfache und damit verständliche Regelung braucht. Ein weiterer Aspekt: Dieses Prinzip ist sowohl bei hoher Frequenz an Reisenden als auch im innerstädtischen Verkehr anwendbar, wo die Fahrzeit zwischen zwei Haltestellen oft weniger als eine Minute beträgt.
Im offenen öV-System der Schweiz gibt es in der Regel keine Zutrittsschranken vor Haltestellen oder Verkehrsmitteln, die man nur mit einem gültigen Billett passieren kann. Der Zugang basiert auf dem Vertrauen in die Fahrgäste, dass sie ein gültiges Billett für ihre Reise haben. Dennoch sind stichprobenartige Kontrollen nötig, um Missbrauch zu verhindern. Dies ist ein bewusster Entscheid für einen einfachen Zugang zum öV, der zugleich auch einer seiner Erfolgsfaktoren ist. Im Gegenzug müssen die Fahrgäste ihre Verantwortung wahrnehmen und rechtzeitig im Besitz eines gültigen Tickets sein.
Die Alliance SwissPass und das BAV sehen aber auch Verbesserungspotenzial in der heutigen Praxis. Die Arbeiten hierzu sind gestartet und sollen auf vier Ebenen wirksam werden:
Die Behandlung von Kulanzfällen liegt im Verantwortungsbereich der einzelnen Transportunternehmen. Kann eine Person keinen gültigen Fahrausweis vorweisen, wird dies vor Ort durch das Kontrollpersonal erfasst. Nachgelagert ist eine vertiefte Abklärung der Einzelfälle möglich. Dabei wird unter anderem geprüft, ob ein Fahrgast zum ersten Mal einen Zuschlag erhalten hat. Wichtig ist sowohl für das BAV als auch für die Alliance SwissPass, dass die Möglichkeit einer nachträglichen Beurteilung der Umstände im Einzelfall besteht. Diese Abklärungen übernimmt das Backoffice des jeweiligen Transportunternehmens. Wer im Nachgang dazu eine weitere Überprüfung wünscht, kann sich bei den zuständigen Ombudsstellen melden.
Die Alliance SwissPass ist überzeugt, dass dank der Abklärungen der Arbeitsgruppe Verbesserungen für die Fahrgäste möglich sind. Das BAV wird prüfen, ob die Massnahmen der Branche die gewünschte Wirkung erzielen.
* Quelle: BFS, Statistik des öffentlichen Verkehrs (Eisenbahn: Anzahl Personenfahrten mit oder ohne Umsteigen. Übrige Verkehrsmittel: Anzahl einsteigende Personen, wobei jede Person nach jedem Umsteigen neu gezählt wird)
Alliance SwissPass, Kommunikation, kommunikation@allianceswisspass.ch
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